Wunstorf ist eine selbstständige Gemeinde in der Region Hannover in Niedersachsen und nicht unweit vom Steinhuder Meer gelegen. In diesem Artikel wollen wir einen Blick in die Vergangenheit werfen und sehen, welche Bürgermeister es im letzten Jahrhundert gab. Da es im Jahr 2021 wieder Wahlen in der Stadt im Calenberger Land gibt, ist es nur angemessen auch die früheren Bürgermeisterkandidat Wunstorf ein wenig unter die Lupe zu nehmen. Laut Historikern gehören die ersten zwei Jahrzehnte im 20. Jahrhundert zu der ereignisreichsten Zeit in der Geschichte von Wunstorf.
Dr. Karl Friedrich Wilhelm Oelker (Amtszeit 1901–1921)
Wilhelm Oelker wurde im Jahr 1855 in Lingen geboren. Er studierte Rechtswissenschaft mit einem Abschluss in Göttingen und Leipzig. Doch er gab sich damit nicht zufrieden und erwarb ein zweites juristisches Staatsexamen, dass ihm die Befähigung zum Richteramt gab und schließlich trat er seinen Militär-Justizdienst an. Durch diese Position war es ihm möglich in den 1890er-Jahren ausgiebig auf dem Flaggschiff SMS Leipzig, zu reisen. Auf diesen Reisen besuchte er nahezu jeden Kontinent und verabschiedete sich vom Militär im Jahr 1900.
Nur ein Jahr später, am 25. September 1901 wurde er zum Bürgermeister von Wunstorf ernannt. Zusätzlich zu seinem Bürgermeisteramt war Oelker Sparkassen-Vorstandsvorsitzender, als auch Vorstand von diverser Vereine. Dies hielt ihm jedoch nicht davon ab, ein neues Ortsstatut auszuarbeiten, das bereits im Jahr 1904 von Hannover genehmigt wurde. Wilhelm Oelkers Beliebtheit brachte ihn im Jahr 1902 die Würde des Schützenkönigs ein.
Während seiner Amtszeit stellte Wilhelm Oelker viele wichtige Weichen für das zukünftige Wunstorf. Dazu gehören die Sektoren der Bildung, der Neubau des Rathauses, eine neue Viehhalle und ein städtisches Krankenhaus. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs brachte all die Erneuerungen zu einem Halt.
Hans Mentzel (Amtszeit 1921–1938)
Hans Mentzel schloss sich direkt an die Amtszeit von Wilhelm Oelker an. Hans Richard Mentzel wurde in Schönbeck an der Elbe geboren und wie auch sein Vorgänger absolvierte er ein Jura Studium. Die Geschichte spricht von dem zwei Phasen seiner Amtszeit. Gemeint ist damit die „dynamische Phase“ die mit der Amtsübernahme begann und im Jahr 1933 mit der NS-Machtübernahme endet. Allerdings, bevor Hans Mentzel den Bürgermeistertitel im Jahr 1921 in Wunstorf übernahm, hatte er bereits eine Karriere als Bürgermeister in Bodenwerder hinter sich. Darüber hinaus zeichnete sich Hans Mentzel bald als bemerkenswerter Krisenmanager und Modernisierer aus. In Deutschlands Geschichte gilt Hans Mentzel als einer der bedeutendsten Bürgermeister.
Bemerkenswert ist, dass Mentzel im Jahr 1925/1926 kurzfristig Bürgermeister von Stade war, kehrte jedoch danach für weitere 12 Jahre als Bürgermeister von Wunstorf zurück.
In einer unangenehmen Begegnung mit den Kommunisten in der Viehhalle im Jahr 1922 stellte er sich als ein Gegner heraus, mit dem man rechnen musste. Er setzte sich dafür ein, dass Kommunisten in Konzentrationslagern gehalten wurden, und lehnte alle Begnadigungen ab. Obwohl Mentzel kein NSDAP-Mitglied war, gehörte er jedoch einigen NS-Unterorganisationen an. Nach Beendigung seiner Amtszeit im Jahr 1938 trat er in den Ruhestand ein, blieb jedoch Direktor einer Heil- und Pflegeanstalt in Schönebeck. Hans Mentzel blieb bis zu seinem Tod im Jahr 1957 mit Wunstorf verbunden.
Willi Strege (Amtszeit 04.04.1938 bis 31.03.1939)
Willi Strege übernahm das Bürgermeisteramt von Hans Mentzel im Jahr 1938, war jedoch nur 11 Monate im Amt, als er zu Kriegsbeginn von der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands abgesetzt wurde.
Otto Krawehl (Amtszeit 1939–1945)
Ursprünglich ein Mittelschullehrer und NSDAP-Ortsgruppenleiter während der zweiten Hälfte der NS-Herrschaft übernahm Otto Krawehl das Bürgermeisteramt in Wunstorf. Wie auch Strege wurde Krawehl von der NS-Partei ins Amt gerufen.
Obwohl Otto Krawehl einstmals ein Ingenieurstudium anstrebte, wurde sein Plan von der Weltwirtschaftskrise vereitelt. Mittelschullehrer war die Alternative. Bereits im Jahr 1932 trat er der NSDAP bei, das ihm ein Jahr später nach Wunstorf brachte, wo er auch eine Lehrstelle in einer der örtlichen Schulen erhielt. Der Selbstmord von Senator Paul Meier ermöglichte Otto Krawehl eine schnelle Karriere. Er wurde im Jahr 1934 zum Ortsgruppenleiter ernannt.
Mit Kriegsbeginn trat Otto Krawehl das Bürgermeisteramt an. Bereits im Jahr 1942 erklärte er Wunstorf „frei von Juden“ und trat selbst dem Militärdienst bei. Es wird angenommen, dass er im selben Jahr gefallen ist. Er wurde nach seinem Tod als „Mitläufer“ (Kategorie IV) eingestuft, da sich Otto Krawehl unter anderem auch für die Verfolgung bedrohter Menschen eingesetzt hatte.
Friedrich Tegtmeyer (Amtszeit 04.06.1945 bis 31.12.1945)
Im April 1945 wurde der 52-jährige Friedrich Tegtmeyer von der Militärregierung zu einer 6-monatigen Übergangsregierung für Wunstorf eingesetzt. Im Jahre 1946 nahm er den Titel des Stadtdirektors an, wurde jedoch aufgrund eines Rechtsstreites von der Stadt entlassen.
Ernst Mandel (Amtszeit 1945–1948)
Nach der 6-monatigen Übergangsregierung von Friedrich Tegtmeyer wurde der Lehrer Ernst Mandel zum Bürgermeister von Wunstorf ernannt. Ernst Mandel unterrichtete bis 1935 in einer Schule im Regierungsbezirk von Lüneburg, wurde dort jedoch wegen seiner sozialdemokratischen Betätigung vom NS-Regime entlassen.
Während der Phase des provisorischen „Sechsmännergremiums“ das nach Kriegsende als eine vorübergehende Regierungseinheit eingesetzt wurde, wurde Ernst Mandel von der Partei als erster Nachkriegsbürgermeister für Wunstorf ernannt. Später, im Jahr 1946, fanden die ersten demokratischen Wahlen der Nachkriegszeit statt. Es gelang Ernst Mandel den Titel des Bürgermeisters von Wunstorf zu erhalten. In dieser Zeit, bis 1948, war er zusätzlich Vorsitzender des Hauptausschusses als auch im Schulausschuss tätig.
Ernst Mandel starb im Jahr 1958 nach einer langen Krankheit. Sein Sohn wurde ebenfalls im Schuldienst tätig. Er war Schulleiter der Albert-Schweizer-Schule und für viele Jahre Vorsitzender des Heimatvereins von Wunstorf.
Dieser kurze Ausflug in Deutschlands politische Landschaft von Beginn bis Mitte des 20. Jahrhunderts ist gezeichnet von Höhen und Tiefen. Jeder, der oben genannten Bürgermeister von Wunstorf hat seinen ganz persönlichen Fußabdruck in der Stadt hinterlassen. Jede dieser Weichen hat die Region von Niedersachsen unweigerlich dorthin geführt, wo es heute ist.