Klärschlammverbrennung als zeitgemäße Umstellung der Klärschlammentsorgung
In frühen Anfangszeiten unseres Gemeinwesens konnte der Klärschlamm komplett und sinnvoll auf dem Acker entsorgt werden, wo die enthaltenen Nährstoffe den Pflanzen zugute kamen. Das ist lange vorbei; in unserem dicht besiedelten, mit höchster Effizienz arbeitenden und produzierenden Land fällt mehr Klärschlamm an, als die landwirtschaftliche Produktion verwerten kann.
Die Landwirtschaft braucht vor allem den Phosphor im Klärschlamm: Eine fossile, endliche Ressource, die irgendwann nur noch durch Recycling bereitgestellt werden kann und in Deutschland als Natur-Ressource (Phosphatgestein) nur in Mengen zur Verfügung steht, die gegenüber dem Bedarf lächerlich wirken. Da Phosphor in Düngemitteln durch keinen anderen Stoff ersetzt werden kann und rund 90 % der weltweiten Fördermenge zur Herstellung von Düngemitteln ge-und verbraucht werden, tut Deutschland gut daran, sich diese „systemrelevante Ressource“ so weit wie möglich durch Recycling zu sichern.
Heute kann das Vielstoffgemisch Klärschlamm neben Nährstoffen und humusbildender Organik aber auch noch eine ganze Reihe bedenklicher Inhaltsstoffe enthalten: Arzneimittelrückstände und Krankheitserreger, hormonell wirksame und nanoskalige (1 -100 Nanometer messende) Stoffe, Mikroplastik und Schwermetalle. Diese in Umweltwirkung und -relevanz noch nicht beherrschbaren Stoffe werden bei der thermischen Klärschlammbehandlung nachhaltiger und in weitaus größerem Umfang zerstört als bei jeder anderen Form der Klärschlammentsorgung.
Deshalb beschäftigen sich in Deutschland schon lange eine ganze Reihe verschiedener Wirtschaftszweige damit, dem Klärschlamm alles Wertvolle und Weiterverwendbare zu entziehen und die schädlichen Stoffe umweltverträglich unschädlich zu machen. Neben der im geeigneten Rahmen immer noch erwünschten direkten stofflichen Verwertung von Phosphor und anderen erhaltenswerten Stoffen hat sich dabei die thermische Klärschlammbehandlung längst als einer der Hauptpfeiler der Klärschlammentsorgung profiliert. Weil diese ein sinnvoller und sicherer Weg ist, Ressourcen zu sichern und zu schonen und dabei gleich enthaltene Schadstoffe zu eliminieren, setzt unser Staat auf den Ausbau der Klärschlammverbrennung :
Klärschlammverbrennung: Der Plan
Heute ist der wissenschaftliche Fortschritt soweit gediehen, dass wir jedes weiterverwendbare Molekül detektieren und sondieren können -und auch einigermaßen realistische Vorstellungen dazu entwickeln können, wie die einzelnen Verwertungsarten des „deutschen Entsorgungscocktails“ in allen berührten Bereichen heute und zukünftig wirken.
Seit 01.06.2012 bildet deshalb das Kreislaufwirtschaftsgesetz die rechtliche Grundlage für Klärschlammentsorgung und Klärschlammverbrennung. Es schreibt verbindlich vor, dass die Kreislaufwirtschaft gefördert werden soll und eine umweltverträgliche Abfall-Bewirtschaftung gesichert werden muss.
Im Koalitionsvertrag zur 18. Legislaturperiode manifestierte der 18. Deutsche Bundestag (22. Oktober 2013 -24. Oktober 2017) einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft in der Klärschlammentsorgung: Die Koalitionspartner verständigten sich darauf, dass die Klärschlammausbringung zu Düngezwecken so bald wie möglich beendet werden soll, um stattdessen Phosphor und andere Nährstoffe in Reinform aus dem Klärschlamm zurückzugewinnen.
Klärschlammverbrennung:Der Stand
Zur Erreichung dieses Ziels wurde unter anderem die Klärschlammverordnung novelliert, die nun seit Oktober 2017 die Pflicht zur Rückgewinnung von Phosphor aus der Asche der Klärschlammverbrennung als zentrales Element vorsieht. Zu diesem Zweck soll die thermische Klärschlammbehandlung zum entscheidenden Element der Klärschlammentsorgung umgeformt werden; in Stufen, die für jede Kommune verträglich sind:-Alle Klärschlammerzeuger sind nun verpflichtet, ihren Klärschlamm möglichst hochwertig zu verwerten-Klärschlämme ab 20 g Phosphor/kg und Verbrennungs-Aschen müssen der Phosphorrückgewinnung unterzogen werden -Kläranlagen für über 100.000 Einwohner dürfen nur noch bis 2029 bodenbezogen verwerten-Ab 2032 reduziert sich die Zahl, ab dann dürfen auch Kläranlagen für über 50.000 Einwohner nicht mehr bodenbezogen verwerten
Ab 2032 wird also der Klärschlamm in allen Ballungsräumen über thermische Klärschlammbehandlung verarbeitet und verwertet, während die direkte Ausbringung aufs Feld nur noch in dünner besiedelten ländlichen Regionen und gekoppelt mit ökologischen und biologischen Maßnahmen vorgesehen ist -klingt sinnvoll, ist sinnvoll.
Bis dahin müssen noch viele Anlagen neu gebaut oder auf umweltverträgliche Klärschlammverbrennung umgerüstet werden. Ein nicht ganz unkompliziertes Vorhaben, bei dem außer Kreislaufwirtschaftsgesetz und Klärschlammverordnung auch noch die EU-Klärschlammrichtlinie, die HELCOM Recommendation (Empfehlungen einer zwischenstaatliche Kommission der Ostsee-Anrainerländer zum Meeresumwelt-Schutz im Ostseeraum), Düngegesetz, Düngeverordnung, Düngemittelverordnung und EU-Düngerecht, 17. Bundes-Immissionsschutzverordnung, TA Luft und Deponieverordnung zu beachtemsind.
Aber die Kommunen ziehen bereits sehr gut mit: 2012 wurden noch gut 45 % der Klärschlämme bodenbezogenen verwertet; 2016 ist dieser Anteil auf ca. 35 % zurückgegangen, was auch auf steigende Qualitätsanforderungen und Ausbringungsbeschränkungen im Düngerecht zurückzuführen ist. Die deutliche Zunahme der Klärschlammverbrennung ist aber schon zu beobachteten, seit 2005 die Deponierungunbehandelter organikhaltiger Abfälle verboten wurde.
2016 wurden also bereits rund 65 % der Klärschlämme über Verbrennung entsorgt/verwertet, inzwischen dürfte bereits sehr viel mehr Klärschlamm in (neuen) Klärschlammmonoverbrennungsanlagen, Kohle-und Zementkraftwerken und Abfallverbrennungsanlagen thermisch behandelt werden.